17.9.06

Computer im Kindergarten – Auswirkungen auf das Fach IKA

Am 24.September stimmen die Stimmbürger der Gemeinde Kriens über einen Kredit von Fr. 900'000 und jährliche Betriebskosten von Fr. 174'000 ab. Das Stimmvolk hat zu entscheiden, ob das Projekt «Integrierter Informatikunterricht auf der Primarstufe» umgesetzt werden kann. 358 PC-Arbeitsplätze sollen eingerichtet werden.

Sind Computer im Unterricht an Kindergärten und im 1. und 2. Schuljahr sinnvoll? Ich weiss es nicht. Fachleute müssen diese Frage beantworten. Wichtig aber ist: Welche Auswirkungen hat solches Tun auf den Informatikunterricht an kaufmännischen Berufsschulen? Dies ist von den Lerninhalten, den Lernzielen in ICT an den Volksschulen, abhängig. Die Lernziele für die Innerschweizer Kantone und den deutschsprachigen Teil des Kantons Wallis sind im Dokument «ICT an der Volksschule – Ergänzung zu den Lehrplänen» geregelt. Ich kann nur sagen:

':-/

Wenn Sie jetzt denken: ?????? dann geht es Ihnen wie mir. Sie wissen nicht, was das bedeutet? Ich wusste es auch nicht. Der Lehrplan Zentralschweiz/Wallis gibt Ihnen Auskunft. Ich brauche in meinem Alltag genau drei Emoticons. Diese drei haben mir eigentlich immer genügt:

:-)
:-(
;-)

Künftig soll wohl jeder Zweitklässler die 63 (!) Emoticons aus dem Lehrplan kennen. Na ja, beim Chatten kann das ja helfen und unter dem Begriff Chatten findet Google immerhin 13'000'000 Seiten!

Vergleichen Sie mal den Lehrplan der Volksschule mit dem Leistungszielkatalog im Fach IKA. Nehmen Sie den individuellen Leistungszielkatalog einer Berufsschule, beispielsweise die Leistungsziele des BWZ Brugg. Haben Sie ein Leistungsziel in den Bereichen Informatik – Textverarbeitung/Textgestaltung – Tabellenkalkulation – Präsentation gefunden, welches nicht auch im Lehrplan der Volksschule Zentralschweiz/Wallis steht?

Wer eine kaufmännische Lehre beginnt, sollte vor allem eine Arbeitstechnik am PC beherrschen: Tastaturschreiben. Das fordern nicht nur die Schulen, das fordert vor allem auch die Praxis. Tastaturschreiben gehört denn auch in die Volksschule. Die Frage ist nur, wann ist der richtige Zeitpunkt, die Technik zu erlernen? Wenn ich Kinder, Lehrkräfte, Lernende, Volksschüler und viele andere «Computerbediener» beobachte, so kommt mir das oft so vor, wie wenn ein Kind am Klavier mit dem Zeigefinger ein Liedchen spielen gelernt hat – stümperhaft. Wer so ein Liedchen spielt, kann noch lange nicht mit dem Instrument umgehen. Wer mit der Tastatur nicht flink umgehen kann, kann mit einem Computer nicht zweckmässig umgehen, auch dann nicht, wenn er 63 Emoticons in 20 Minuten fehlerfrei auf der Tastatur eintippen kann. Nun hat man im Kanton Zug festgestellt, dass Schüler am Computer sehr langsam arbeiten. Sondertasten fänden die Schüler kaum. Deshalb müsse man den Computer frühzeitig einsetzen und die Übung bringe dann mit der Zeit einen rascheren Umgang mit dem PC. Eine fadenscheinigere Begründung für einen frühen Einsatz des Computers im Unterricht habe ich noch nicht gefunden.

Wenn Inhalte, die bisher an Berufsschulen vermittelt wurden, in die Volksschule verlegt werden, ist das keineswegs negativ, im Gegenteil: Damit kann die Berufsschule endlich die entscheidenden Inhalte der Wirtschaftsinformatik vermitteln. Allerdings müsste dann in der Volksschule der Umgang mit Tastatur und Software korrekt und sinnvoll erlernt werden. Davon sind wir weit entfernt.

In meinem Unterricht habe ich nämlich bisher noch keine besseren Vorkenntnisse bei unseren Kunden (Schülerinnen und Schülern) festgestellt, ganz im Gegenteil.

Mit diesen Gedanken verabschiede ich mich für 2 Wochen. Anfangs Oktober bin ich dann wieder aktiv. Vielen Dank für die vielen Mails, in denen mir zu meinem Blog gratuliert wurde. Sie geben mir die Freude, auch zukünftig zum Fach IKA in engerem und weiterem Sinne zu schreiben.

Ihr
Beat Hinnen