26.6.06

Vertrauensverlust?

Ein Lehrkraft mit 100-%-Pensum muss an unserer Schule eine Jahresarbeitszeit von 1933 Stunden leisten. Das entspricht der Arbeitszeit eines kantonalen Angestellten. Teilweise wird diese Arbeitszeit pauschal abgegolten, teilweise muss sie nachgewiesen werden.

Die Einführung dieser Regelung hat mich nicht gefreut. Zwar war ich überzeugt, wesentlich mehr als 1933 Stunden für die Schüler und für die Schule zu arbeiten. Seit vielen Jahren genoss ich das grosse Vertrauen der Schulleitung in meine Arbeit und dieses Vertrauen war wie Benzin für den Motor. Plötzlich nun musste ich beweisen, dass ich diese Arbeit auch tatsächlich leiste.

Mit Educanet2 ist es möglich, sich von den Schülern bestätigen zu lassen, dass eine Aufgabe gelöst wurde. Seit der Einführung dieser Arbeitsumgebung mussten meine Schüler bei gewissen Hausaufgaben, deren Erledigung schwer zu kontrollieren war, vor der nächsten Unterrichtsstunde bestätigen, dass sie die Hausaufgaben wirklich erledigt haben. Ich führte eine genaue Kontrolle.

Mit der Einführung der kontrollierten Arbeitszeit für Lehrkräfte kam in mir das Gefühl hoch, ob denn durch meine Massnahme der Aufgabenkontrolle nicht auch ein Vertrauensverlust zwischen der Lehrkraft und den Schülern entstand. Wenn das tatsächlich zutreffen sollte, so wäre ja diese Kontrolle nicht positiv, sondern sie würde dem Schüler-/Lehrerverhältnis schaden. Das gegenseitige Vertrauen zwischen Schüler und Lehrkraft halte ich für viel wichtiger, als ob Einzelne die Hausaufgaben erledigen oder nicht. Vertrauen kostet nichts. Schüler, die das Vertrauen der Lehrkraft spüren, setzen sich mehr ein. Vertrauen bewirkt, dass das Geschätztwerden offensichtlich wird. Ohne Vertrauen entsteht Dienst nach Vorschrift und Unlust zur Leistung.

Aufgrund dieser Gedanken startete ich auf Educanet eine Umfrage in zwei Klassen mit der Absicht, meine Kontrolle wieder abzuschaffen, wenn meine Annahmen stimmen sollten. Das Ergebnis hat mich überrascht:



Ich stelle mir nun natürlich die Frage, ob ich auch der einzige war, der die Einführung der Arbeitszeitkontrolle für Lehrkräfte als vertrauensschädigend gedeutet hatte.